Eine Autismus-Diagnose für Erwachsene bekommen

Du willst also auf Autismus untersucht werden?

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, wie du zu dieser Entscheidung gekommen sein könntest. Es kann sein, dass bei deinem Kind Autismus diagnostiziert wurde und du einige Verhaltensähnlichkeiten an dir selber erkennst. Vielleicht hat dein Lebensgefährte oder ein enger Freund die Vermutung angestellt, dass du im Spektrum sein könntest? Oder vielleicht hast du selber das Gefühl, «anders zu sein» und hast insgeheim schon lange vermutet, dass du zum Spektrum gehören könntest?

Was auch immer der Grund ist, diese Seite hilft dir bei der Vorbereitung auf eine Diagnose und gibt dir weitere Informationen darüber, was dich erwarten wird.

Einen ersten Verdacht auf Autismus können sie mit meinen Autismus-Spektrum-Tests bestätigen lassen.

Diagnose für Erwachsene

Deine erste Anlaufstelle, wenn du dich auf Autismus untersucht lassen möchtest, könnten folgende sein:

  • Hausarzt,
  • Psychologe, Psychiater,
  • Psychiatrischer Dienst eines Kantons.

Wo bekommt man eine Diagnose?

Es gibt kantonale psychiatrische Dienste, die sich auf die Beurteilung und Diagnose von Autismus spezialisiert haben. Du darfst dich direkt an diese Stellen wenden. Ich empfehle aber den Weg über den Hausarzt. Es ist nie schlecht, zuerst noch mit deinem Vertrauensarzt darüber zu sprechen.

Es gibt auch private Spezialisten und Organisationen, welche kostenpflichtige Assesments durchführen.

Kurzer Tipp: Es ist wichtig, dass du dich nur von einem qualifizierten Fachmann mit einem umfassenden Verständnis von Autismus in allen Altersgruppen und Geschlechtern, sowie praktischer Erfahrung mit dem Bewertungs- und Diagnoseprozess beurteilen lässt. So hast du die grösste Chance, eine korrekte Diagnose zu bekommen.

Bewertungsprozess

Die diagnostischen Kriterien für Autismus bei Erwachsenen und Kindern sind die gleichen, jedoch kann die Art und Weise, wie Merkmale anhand der Kriterien bewertet werden, je nach Alter sehr unterschiedlich sein. Bei Kindern wird eher spielerisch vorgegangen.

Welche diagnostischen Kriterien werden verwendet?

Es gibt bei Autismus-Spektrum zwei Schwerpunkte an Diagnosekriterien, welche in der Schweiz (und in ganz Europa) verwendet werden.

  • Als wichtigstes Fachmittel wird die International Classification of Diseases 11th Revision (Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ) verwendet. Die ICD-11 leitet die Fachspezialisten an, die Merkmale von Autismus und die Auswirkungen, die diese auf das Leben einer Person haben, korrekt beurteilen zu können. Merkmale werden in zwei «Schwerpunkte» gegliedert
    • soziale Kommunikation und soziale Interaktion sowie
    • eingeschränktes und sich wiederholendes Verhalten.

Was kostet ein Autismus-Assessment?

Die Auslagenkosten einer Diagnose hängen von einer Reihe von Faktoren ab, darunter:

  • Diagnose durch eine kantonale diagnosestelle (Psychiatrischer Dienst) oder private Diagnosestelle
  • Höhe der Franchise bei der Krankenkasse
  • Bezug von Sozialhilfe

Die Kosten für eine Diagnose bewegen sich normalerweise zwischen 600 und 800 Franken. Hat man bei der Krankenkasse eine hohe Franchise kann es sein, dass man die Diagnose aus dem eigenen Sack bezahlen muss.

Wie führen Fachleute eine Autismus-Diagnose durch?

Bewertungsinstrumente verwenden oft eine Reihe von Fragen, persönliche Beobachtungen und Interaktionen, um eine professionelle Diagnose von Autismus zu unterstützen.

Abhängig deiner Bedürfnisse werden medizinische Fachkräfte Informationen zu deiner Kranken- und Gesundheitsgeschichte sammeln. Hinzu kommen Abklärungen zu:

  • Entwicklungs- und Bildungsgeschichte: du wirst nach seiner Entwicklung als Kind und Jugendlicher befragt. Das kann ein breites Spektrum von Entwicklungsbereichen abdecken,
  • Autismus-spezifische Anzeichen und/oder Merkmale: du wirst nach Verhaltensweisen in Bezug auf soziale Kommunikation und Interaktion sowie nach eingeschränkten, sich wiederholenden Verhaltensmustern befragt,
  • Andere relevante Verhaltensweisen, Anzeichen: Du wirst nach dem Vorliegen einer gleichzeitig auftretenden Erkrankung und/oder Differenzialdiagnose befragt.

Der Spezialist kann dich auch über deine möglicherweise vorhandenen psychischen Probleme ansprechen. Es ist wichtig, dass du diese Fragen ehrlich und offen beantwortest, damit der Gutachter ein umfassendes Verständnis deiner Gesundheit bekommen kann. Gemäss der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) sind eine Reihe von psychischen Erkrankungen bei Erwachsenen im Autismus-Spektrum weit verbreitet. Dazu können depressive Störungen, Angststörungen (wie soziale Angststörung und Zwangsstörung) und Suizidgedanken gehören. Wenn bei dir Merkmale einer dieser Erkrankungen auftreten, kann dein Arzt dich zur weiteren Untersuchung an geeignete Fachleute überweisen.

Fragen, welche du dem Fachspezialisten stellen kannst:

  • Was braucht es, um eine Diagnose zu erhalten?
  • Wie viel wird es kosten und wer bezahlt diese Kosten?
  • Wie lange wird es dauern?
  • Wann erfahre ich, ob ich Autismus habe?
  • Was passiert, wenn ich Autismus habe? Was passiert, wenn ich keinen Autismus habe?
  • Wird ein Bericht erstellt? Bekomme ich eine Kopie? Wie lange wird das dauern?
  • Wird der Bericht an andere weitergegeben?
  • Gibt die Bewertung Aufschluss über meine Stärken und wie können sie maximiert werden?
  • Gibt es noch andere Auswertungen, die nützlich sein könnten?
  • Wie werden die Ergebnisse die Unterstützung beeinflussen, auf die ich zugreifen kann?
  • Gibt es Artikel oder sonstige Informationen zum Thema Autismus?

Kurzer Tipp: Vergesse nicht, einen Bleistift oder Kugelschreiber und einen Notizblock mitzunehmen, damit du dir die Antworten aufschreiben und später nochmals durchgehen kannst.

Wann erhalte ich mein Ergebnis?

Für eine Diagnose braucht es normalerweise 3-5 Termine zu je 30-60 Minuten. Die Fachperson wir dir das Ergebnis spätestens am letzten Termin mündlich bekannt geben. In der Regel bekommst du dann auch eine schriftliche Zusammenfassung. Die Detailbeschreibung wird dir normalerweise im Anschluss per Post zugestellt. Die Spezialisten werden dich vielleicht auch fragen, ob sie die Detailbeschreibung auch zuhanden deines Hausarztes zustellen sollen.

Sollte der Experte die Detailbeschreibung nicht erwähnen, verlange sie ausdrücklich. Du hast ein Recht diese zu bekommen.

Arztzeugnis

Verlange am besten auch noch ein Arztzeugnis, welches bestätigt, dass du eine Autismus-Spektrum-Störung hast. Solltest du aus irgendwelche Gründen mal eine Bestätigung deiner Diagnose benötigen, kannst du das Arztzeugnis anstelle der Detailbeschreibung zeigen. Die Informationen auf der Detailbeschreibung sind sehr persönlich und sollten maximal im engsten Familienkreis bekannt sein.

Bei mir wurde Autismus diagnostiziert – was nun?

Wenn bei dir nach der Abklärung Autismus diagnostiziert wird, hast du möglicherweise viele Fragen. Wahrscheinlich möchtest du mehr über Autismus erfahren. Vielleicht möchtest du auch wissen, welche Unterstützungen verfügbar sind und ob es in deiner Region zum Beispiel eine Selbsthilfegruppe für Autismus  gibt.

Postdiagnostische Unterstützung ist wichtig. Dein Gutachter kann möglicherweise Nachsorgedienste aufgrund einer positiven Diagnose anbieten, welche auf deine Fragen noch detaillierter eingehen können.

Folgende Möglichkeiten könnten vielleicht zur Verfügung stehen:

  • Ein postdiagnostisches Treffen mit Informationen darüber, was Autismus ist und welche Unterstützungen und Dienstleistungen sowie Strategien und Interventionen möglich sind,
  • Schulungen und Workshops, um mehr über Autismus zu erfahren,
  • Dienstleistungen wie Beratung, ein Psychologe oder andere Fachleute,
  • Eine Online-Selbsthilfegruppe oder soziale Gruppe für Erwachsene, bei denen Autismus diagnostiziert wurde,
  • Berufliche Unterstützung bei Fragen rund um den Job.

Bei mir wurde kein Autismus diagnostiziert – was nun?

Es kann sein, dass du vielleicht über ein negatives Ergebnis frustriert bist. Es kann auch sein, dass du darüber erleichtert bist, keinen Autismus zu haben. Es könnte auch sein, dass du verwirrt bist und nicht so recht weisst, was die Diagnose eigentlich zu bedeuten hat und wie es nun für dich weitergehen soll.

Wenn man der Diagnose wegen unsicher, unzufrieden oder mit dem Ergebnis nicht einverstanden ist und mehr dazu wissen möchte, sollte man sich bei der Diagnosestelle melden und weitere Informationen verlangen. Man kann natürlich zusätzlich auch eine schriftliche Erklärung verlangen, warum du zum Beispiel keine Diagnose bekommen hast.

Der Spezialist kann dir möglicherweise weitere Informationen oder andere hilfreiche Bewertungen zur Verfügung stellen oder dich an andere Unterstützungsangebote und Dienste verweisen, welche vielleicht auch ohne Autismus-Diagnose helfen könnten. Es kann auch sein, dass du eine andere Form einer psychischen Beeinträchtigung hast, welche dem Autismus-Spektrum ähnlich ist. Vielleicht würde sich dann eine weitere Abklärung in diese Richtung lohnen.

Fachleute, die Autismus-Assesments durchführen, werden von sehr spezifischen Kriterien geleitet. Sie müssen sicherstellen, dass diese Vorgaben bei einer Autismus-Bewertung genau eingehalten werden. Dafür wird auch genug Zeit investiert. Wenn du diese Kriterien nicht perfekt erfüllst, ist die Chance gross, dass du keine Autismus-Diagnose bekommst. Da wirst du auch nichts erzwingen können. Ein Spezialist wird kaum ein Auge zudrücken, damit du das bekommst, was du dir vielleicht gewünscht hast.

Wenn du mit dem Ergebnis also nicht einverstanden bist, bespreche dies am besten mit dem Experten, welcher die Bewertung vorgenommen hat, und hören dir die Gründe an.

Wenn du danach immer noch nicht einverstanden bist, hast du das Recht, ein weiteres Autismus-Assessment bei einem anderen Experten durchführen zu lassen.

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