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Ist Autismus eine Behinderung?
Heute erreicht uns eine Zuschrift von Andreas. Andreas schreibt, dass bei seinem Sohn vermutlich ein Verdacht auf Autismus besteht. Wie die meisten Menschen, welche bisher keinen Kontakt zu Autismus hatten, fehlen Andreas Informationen zum Thema Autismus.
Andreas schreibt, dass er sich daran störe, Autismus als Störung oder Behinderung zu bezeichnen. Andreas Ansicht ist, dass es sich eher um eine Normabweichung handle. Zudem meint Andreas, dass es falsch sei, Autisten in ein bestimmtes Schema zu drängen. Aus Andreas Sichtweise müssen die Stärken von Autisten hervorgehoben werden, da Autisten in diesen Gebieten auch erfolgreich sein könnten. Andreas meint zudem, dass die Gesellschaft das so nicht haben möchte.
Wir möchten hier gerne eine Antwort auf Andreas Fragen und Feststellungen in Form dieses Beitrage geben.
Behinderung – Ja oder Nein?
Bei der Diagnosestellung wird bestimmt, wie gravierend die Schwierigkeiten sind. Dadurch will man den grossen Unterschieden im Autismus-Spektrum diagnostisch gerecht werden.
- Benötigt sehr beträchtliche Unterstützung
- Benötigt beträchtliche Unterstützung
- Benötigt Unterstützung
Allerdings implizieren die Schweregrade, dass die Beeinträchtigung auf einem linearen Kontinuum darstellbar wäre, was bei einem komplexen Thema wie Autismus aber nicht der Fall ist.
Wenn man sich die Schweregrade anschaut, benötigt wohl jeder Autist Unterstützung. Und wenn jemand für das Bewältigen des Lebens Unterstützung braucht, scheint mir der Begriff Behinderung nicht wirklich falsch zu sein.
Da es aber, wie in meinem Fall, Autisten gibt, die selbständig leben können und vermutlich den leichtesten Schweregrad maximal nur ankratzen, ist es durchaus möglich, dass diese Autisten eher von einer etwas «spezielleren Wesensart» reden. Sie sehen sich nicht als Behindert, sondern einfach als «Anders». Es muss aber auch klar erwähnt werden, dass diese Gruppe von Autisten nur ein kleiner Teil der Autisten ausmacht. Alle anderen benötigen wirklich Unterstützung und können mehrheitlich nicht selbständig leben.
Stärken hervorheben
Autisten haben, wie alle anderen Menschen auch, ihre Stärken. Solche Stärken können bei Autisten teilweise sehr stark ausgeprägt sein. Darum macht es durchaus Sinn, genau diese Stärken zu Fördern, damit Autisten in einem möglichen Berufsleben davon profitieren können. Ich persönlich bin der Ansicht, dass das Schulsystem generell auf die Stärken der jeweiligen Kinder ausgerichtet werden sollten. Es macht in meinen Augen keinen Sinn zum Beispiel Fremdsprachenmuffel dazu zu zwingen, andere Sprachen lernen zu müssen, obschon sie lieber Mathematik oder Physik lernen würden. Mit unserem Schulsystem werden viele Chancen vergeben, weil man immer noch der Meinung ist, dass alle Kinder das Selbe lernen müssen, obschon sie in gewissen Bereichen völlig untalentiert und auch uninteressiert dazu sind. Solange wir dieses dumme System haben, werden zum Beispiel Autisten keine gute Schulförderung bekommen.
Will es die Gesellschaft nicht haben?
Ich bin da anderer Meinung wie Andreas. Ich denke schon, dass die Gesellschaft Kinder und ihre Stärken fördern möchten. Unser Problem sind leider die „Spezialisten“, welche das Gefühl haben, jedes Kind wäre gleich und müsse gleich gefördert werden.
Die Gesellschaft reagiert aber seit längerer Zeit auf diese verfehlte Bildungspolitik, indem sie ihre Kinder immer öfter Zuhause unterrichten oder die Kinder bei Privatschulen anmeldet. Allerdings bleiben solche Möglichkeiten vielen Kindern verwehrt, weil es kostspielige Ausbildungsformen sind. Auch ich musste leider durch die Hölle des standardisierten Schulunterrichts. Es hat mir nicht wirklich gut getan. Es war eine Leidenszeit.
Es bleibt zu hoffen, dass die graue Politik endlich aus ihrem Dornrösschenschlaf erwacht und die Schulbildung zugunsten des einzelnen Kindes und dessen Stärken und Leidenschaften reformiert wird. So dass auch die Kinder weniger betuchter Eltern eine passende Ausbildung erhalten dürfen.